Eignungsprüfung

„Emotionen nach außen sichtbar machen“

Blick von einer Bühne in den Saal einer Oper.
Foto: Meramo Studios | Bundesagentur für Arbeit

Thomas Gräßle ist Schauspieler und Dozent an der Theaterakademie August Everding in München. Bis zu 600 Studieninteressierte bewerben sich dort jährlich für das Schauspielstudium mit Bachelorabschluss. Er erklärt, wie die Eignungsprüfung abläuft.

studienwahl.de: Herr Gräßle, alle Bewerber*innen gehen in ein dreistufiges Auswahlverfahren. Was müssen sie in der ersten Runde zeigen?

Thomas Gräßle: Jede*r hat drei Monologe vorbereitet, die er oder sie einer zweiköpfigen Prüfungskommission präsentiert. Die Rollenausschnitte sind frei wählbar, einer muss jedoch ein Klassiker in gebundener Sprache sein. Das Ganze findet auf unseren Probebühnen statt, sodass Theateratmosphäre entsteht.

studienwahl.de: Auf was achten Sie als Prüfer dabei?

Ein Porträt-Foto von Thomas G.
Foto: Emanuela Danielewicz

Thomas Gräßle: Wir schauen, wie intensiv sich jemand mit seiner Rolle auseinandergesetzt und etwa gefragt hat: Was will meine Figur? Warum redet und reagiert sie so? Es ist auch nicht schlimm, wenn man sich dabei verspricht. Unser Blick ist so geschult, dass wir schnell erkennen, ob jemand Potenzial hat.

studienwahl.de: Was passiert nach dem ersten Vorsprechen?

Thomas Gräßle: Etwa 60 Personen werden in Runde zwei eingeladen, wo sie ihre Monologe der Gesamtkommission vorstellen. Das ist eine Arbeitsrunde, in der wir neue Situationen und Gegenüber vorgeben. Wir fordern dann etwa: „Erzähl das deiner Schwester oder einer Gruppe von Revolutionären.“ So sehen wir, wie flexibel jemand ist und wie durchlässig im Spiel, also ob man seine Emotionen nach außen sichtbar machen kann.

studienwahl.de: Spielen außer der schauspielerischen Leistung noch andere Kriterien eine Rolle?

Thomas Gräßle: Ja, natürlich. In der letzten Runde durchlaufen die 20 übrig gebliebenen Bewerber*innen einen Tag lang verschiedene Stationen. Hier schauen wir zum Beispiel auf Musikalität, Körper- und Rhythmusgefühl, Improvisationsfähigkeit und Sprachgestaltung.

studienwahl.de: Wie kann ich mich auf die Eignungsprüfung vorbereiten?

Thomas Gräßle: Es ist sinnvoll, vorher Schauspielerfahrungen zu sammeln, etwa in der Theater-AG oder in Spielclubs der Theater. Für die Prüfung selbst sollte man Rollen wählen, die mit einem zu tun haben, zu denen man einen Bezug hat. Man kann sich auch mit professionellen Lehrkräften vorbereiten. Ich bin aber kein großer Fan davon, da das Ergebnis dann manchmal inszeniert wirkt.

studienwahl.de: Sollte ich das Schauspielstudium bleiben lassen, wenn ich durchfalle?

Thomas Gräßle: Nicht gleich aufgeben! Ich selbst habe zwei Jahre vorgesprochen, bis es geklappt hat. Man kann seine Rollenauswahl überdenken oder es an anderen Schauspielschulen versuchen. Jede hat ihren eigenen Schwerpunkt. Vielleicht passt man woanders besser hin.

Beispiele aus der Praxis: Testverfahren zur Studienwahl