Digitalisierung

Doppelte Studienerfahrung

Ein junger Mann mit Bart sitzt barfuß in einem Zimmer zwischen Bett und Sofa auf dem Fußboden und schaut in einen Laptop
Foto: Julien Fertl | Bundesagentur für Arbeit

Im dritten Semester und zum ersten Mal im Hörsaal: Lea Wette (21) hat ihre ersten beiden Semester aufgrund der Corona-Pandemie online absolviert und erlebt nun ihre ersten Tage an der Universität vor Ort.

„Auch nach ein paar Wochen lerne ich immer noch jeden Tag neue Leute kennen“, schwärmt die Studentin des Bachelorstudiengangs International Business Studies an der Universität Paderborn. Sie studiert im dritten von sechs Semestern. Die erste Zeit an der Hochschule lief für sie durch die Corona-Pandemie anders als geplant: „Die Einführungsveranstaltungen zu Beginn des ersten Semesters fanden glücklicherweise noch in Kleingruppen vor Ort statt“, erzählt sie. „So konnte ich noch ein paar Mitstudierende persönlich kennen lernen. Mit einigen hat sich der Kontakt gehalten, auch als ich dann hauptsächlich von meinem Zimmer aus studiert habe.“

Studieren über die Lernplattform

Ein Porträt-Foto von Lea W.
Foto: Diana Wette

Alle Lehrveranstaltungen wurden online angeboten. Über die hochschuleigene Lernplattform konnte sich Lea Wette die Materialien für die Module herunterladen. In wöchentlichen Videos haben die Dozierenden ihre Vorlesungen gehalten und den Stoff erklärt. „Ein Vorteil bei der digitalen Lehre ist, dass man sich die Videos beliebig oft anschauen kann“, findet die Wirtschaftsstudentin. „So konnte ich in meinem eigenen Tempo lernen, die Zeiten flexibel einteilen und noch einmal nachschauen, wenn ich etwas nicht verstanden hatte.“ Die Sprachkurse und Übungen mit Tutor*innen, beispielsweise für Mathematik, fanden über Videokonferenzen statt. Selbst die Prüfungen am Ende des Semesters hat Lea Wette online absolviert. Über die Lernplattform gab es Multiple Choice Tests, in den Sprachkursen kamen Open Book-Klausuren dran. Gab es dabei einen technischen Notfall, konnte man eine telefonische Hilfe in Anspruch nehmen.

„Bei mir gab es weder bei den Lehrveranstaltungen noch bei den Prüfungen technische Probleme“, berichtet sie. „Durch den ersten Lockdown vor dem Studium, den ich während meiner Schulzeit erlebt habe, war ich den Online-Unterricht schon gewohnt und hatte eine gute technische Ausstattung zu Hause.“ Leicht war für Lea Wette das Studium vor dem eigenen Computer trotzdem nicht: „Es ist schwierig, sich zu Hause immer wieder selbst zu motivieren“, erzählt sie. „Durch die wenigen festen Termine muss man sich seinen Tagesrhythmus selbst schaffen und immer wieder aufpassen, dass man dranbleibt.“

Motiviert durch Kontakte

Gerade in den ersten Semestern fehlte der Studentin außerdem der Kontakt zu den Lehrenden: „Man konnte zwar über das Forum der Lernplattform oder per Mail Fragen stellen und es gab auch zügig Antwort. Trotzdem verliefen die Lehrveranstaltungen anonymer. Die Dozierenden hat man meistens nur im ersten Video gesehen. Später wurden eher Folien gezeigt und aus dem Hintergrund erklärt.“ Die fehlenden Kontakte mit anderen Studierenden hat die WG aufgefangen, in der Lea Wette lebt. „Wir wohnen zu siebt zusammen. Da war immer jemand zum Reden da, wenn man mal dem Bildschirm entfliehen musste.“

Im dritten Semester besucht die Studentin jetzt zum ersten Mal Lehrveranstaltungen in Präsenz. Derzeit finden alle ihre Kurse vor Ort statt. Lediglich Mathematik wird im hybriden Format mit Videos und Übungen in Präsenz angeboten. Lea Wette macht das Studium seitdem deutlich mehr Spaß: „Ich bin viel motivierter und produktiver“, findet sie. „Durch den Austausch mit meinen Mitstudierenden, den festen Terminen und dem direkten Feedback der Lehrenden ist es viel leichter, regelmäßig zu lernen. In den ersten beiden Semestern saß ich oft stundenlang am Schreibtisch und habe trotzdem nichts geschafft. Jetzt weiß ich beispielsweise, dass ich abends zum Sport gehen möchte und die Aufgabe bis dahin fertig sein muss. Das funktioniert dann auch.“ Lea Wette hofft nun, dass sie ihre letzte Studienzeit und ihr geplantes Auslandssemester weiterhin in Präsenz absolvieren kann.

Beispiele aus der Praxis: Digital studieren