Lehramt studieren

„Ich darf keinen Lernenden aufgeben“

Zwei Schülerinnen und zwei Schüler sitzen in einem Unterrichtsraum und folgen dem Unterricht.
Foto: Bundesagentur für Arbeit

Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes (DL) und amtierender Schulleiter eines Gymnasiums in Bayern, erklärt, welche persönlichen Voraussetzungen Lehrer*innen mitbringen sollten und welchen Herausforderungen sie gegenüberstehen.

studienwahl.de: Welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden, um Lehrer*in werden zu können?

Stefan Düll: Für den Lehramtsberuf sollte man Freude an der Arbeit mit jungen Menschen mitbringen, denn wir arbeiten mit Kindern und Jugendlichen, begleiten sie in erzieherischer Hinsicht und haben die verantwortungsvolle Aufgabe, sie zu Selbständigkeit und Eigenverantwortung zu bilden.

studienwahl.de: Welche Eigenschaften braucht man sowohl im Studium als auch für den Beruf?

Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes (DL)
Foto: Susanne Lin Klitzing

Stefan Düll: Ich benötige Kommunikationsfähigkeit, Freude und eine gewisse Eloquenz, aber auch ein hohes Maß an Selbstmanagement – sowohl im Studium als auch im späteren Beruf. Ich unterrichte ja nicht nur, sondern bin auch für Gestaltung des schulischen Lebens über den Unterricht hinaus verantwortlich. Lehrkräfte müssen im Sinne von Vertrauensarbeitszeit und Zeitsouveränität einen großen Teil ihrer Arbeit selbst einteilen und strukturieren. Dafür ist ein hohes Maß an Selbstdisziplin und Selbstorganisation gefragt. Schulordnung, Lehrplan und Stundenplan geben einen Rahmen vor, der sinnvoll und durchdacht gefüllt werden will.

Im Unterricht brauche ich Einfühlungsvermögen und muss mich in die Kinder oder Jugendlichen hineinversetzen. Ich muss mich auf variierendes Vorwissen, unterschiedliche Altersstufen und Empfindsamkeiten einstellen können.

studienwahl.de: Welchen Herausforderungen stehen Lehrer*innen gegenüber?

Stefan Düll: Die Schüler*innen kommen ja nicht freiwillig in die Schule. Sie kommen, weil es die Schulpflicht gibt. Und wenn die jungen Menschen doch gerne kommen, dann häufig, weil sie dort ihre Peers treffen. Das Lernen steht vielfach an zweiter Stelle. Also habe ich als Lehrkraft die Herausforderung, die jungen Menschen zu motivieren, gerne und ernsthaft lernen zu wollen.

Zum Lehramtsberuf gehören auch Konflikte. Diese können zwischen mir und den Lernenden oder mit ihren Eltern auftreten. Dabei sollte ich Konflikte nicht suchen, aber ihnen auch nicht aus dem Weg gehen wollen. Auch muss ich mich dem regelmäßigen Austausch im Kollegium stellen und meinen Standpunkt auch in einer Konferenz mit 80 Leuten vertreten können.

Und nicht zuletzt muss ich wissen, dass auch mein wohlwollendstes und engagiertestes Bemühen scheitern kann. Ein Test fällt schlecht aus, eine einzelne Lernperson bringt nicht die angestrebte Leistung. Dafür muss ich die Bereitschaft zur Frustrationstoleranz gepaart mit Optimismus mitbringen. Als Pädagoge darf ich keinen Lernenden aufgeben.

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