Im Studium für Bauingenieurwesen wurde Larissa Henrich (27) nicht glücklich. Daher entschied sie sich, stattdessen eine Ausbildung zur Bankkauffrau aufzunehmen.
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„Da ich in der Schule gut in Naturwissenschaften war, habe ich mich für ein Ingenieurstudium entschieden“, erzählt Larissa Henrich. „Die ersten zwei Semester waren auch super.“ Sie hat an der Hochschule Koblenz viele Leute kennengelernt und Arbeitsgruppen gefunden. Schnell wurde ihr aber klar, wie anspruchsvoll ein Bauingenieurstudium ist. „Kommiliton*innen mit schlechten Leistungen wurden über Prüfungen ausgesiebt. Bald herrschte eine Ellbogenmentalität unter den Studierenden, die mir nicht mehr gefallen hat.“ Der Stress, Prüfungen unbedingt bestehen zu müssen, stieg – denn wer dreimal durchfällt, darf das Studium nicht fortführen und steht am Ende ohne Abschluss da.
„Hinzu kam, dass meine Großmutter während meines Studiums schwer erkrankte und ich mir das vierte Semester frei nahm, um sie zu pflegen“, berichtet Larissa Henrich. „Als ich wieder ins Studium einstieg, hatte ich den Anschluss zu den Kommiliton*innen verloren.“ Die Studentin nutzte das fünfte Semester, um sich darüber klar zu werden, ob sie das Bauingenieurstudium wirklich fortführen wollte – und kam zu dem Schluss, es abzubrechen. „Es kam mir vor wie verlorene Zeit, die ich lieber sinnvoller nutzen wollte.“ Ihre Familie reagierte zunächst entsetzt auf den Studienabbruch. „Letztlich musste ich an mich selbst denken, denn es ist schließlich meine berufliche Zukunft und nicht die meiner Familie.“
Duale Ausbildung als gute Alternative
Über ihren Bankberater bekam sie kurz danach ein Praktikum in der Bank angeboten. Die Arbeit gefiel ihr so gut, dass sie sich für eine Ausbildung zur Bankkauffrau bewarb. „Ich hatte während des Studiums gekellnert, daher wusste ich, dass mir die Arbeit mit Menschen und das Verkaufen Spaß macht.“ Ihr künftiger Arbeitgeber hatte bereits gute Erfahrungen mit Studienabbrecher*innen. „Wer sein Studium abgebrochen und sich für eine Ausbildung entschieden hat, weiß genau, was er oder sie will“, ist ein Argument, das Larissa Henrich schon häufiger gehört hat.
Leistungen aus dem Studium konnte sie sich aufgrund der fachlichen Unterschiede nicht anrechnen lassen. „Die Ausbildung war aufgrund meines Abiturs aber ohnehin auf zwei Jahre verkürzt“, sagt die 27-Jährige. Zwar hatte sie in der Ausbildung weniger Freizeit als im Studium und musste noch einmal die Schulbank drücken, dafür verdiente sie bereits eigenes Geld. „Außerdem weiß ich es sehr zu schätzen, dass unter den Auszubildenden und Kollegen kein Ellbogendenken wie in meinem Studium herrscht. Hier wollen wir alle zusammen vorankommen.“ Mittlerweile hat Larissa Henrich ihre Ausbildung beendet und eine Weiterbildung zur Bankfachwirtin und Betriebswirtin abgeschlossen. „Auch ohne Studium ist es möglich, sich weiterzuentwickeln und spannende Aufgaben zu übernehmen“, ist sie überzeugt.