Diese Frage hört Birte Aye im Rahmen ihrer Tätigkeit beim Studierendenwerk Hamburg regelmäßig. Im Beratungszentrum Studienfinanzierung – BeSt berät sie mit ihren Kolleg*innen alle Studieninteressierten und Studierenden, die in Hamburg studieren (wollen). Am fiktiven Beispiel von Franziska erklärt sie, wie eine Beratungssituation aussehen kann.
Franziska ist neu in der Stadt und startet in Kürze ihr Bachelorstudium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Hamburg. Für mindestens sechs Semester möchte sie in der Hansestadt studieren und hier ihren Alltag bestreiten. Finanziell wird sie dabei von ihren Eltern unterstützt, die neben dem Kindergeld einen kleinen monatlichen Zuschuss geben. Kostendeckend ist das allerdings nicht. Franziska ist aufgrund der zahlreichen Möglichkeiten der Studienfinanzierung unsicher, ob und wie sie ihr Studium finanzieren kann – und vereinbart online einen kostenlosen Termin bei mir.
In der Regel melden sich die Ratsuchenden bei uns per Email oder telefonisch und bitten um einen Beratungstermin. Ich kontaktiere Franziska per Mail, gebe ihr erste Informationen an die Hand und biete ihr ggf. schon einen Beratungstermin an. Allen Studieninteressierten raten wir dazu, an einer unserer (virtuellen) Infoveranstaltungen teilzunehmen. Das ist ein sehr guter Einstieg in das Thema Studienfinanzierung. Hilfreich ist auch, unseren sog. Studienfinanzierungsrechner vorab zu nutzen, um den finanziellen Bedarf zu ermitteln. Auf unserem Webauftritt haben wir außerdem vielfältige Materialien zusammengestellt, die einen ersten Überblick verschaffen. Was könnte das Richtige für Franziska sein? BAföG, ein Stipendium oder vielleicht sogar ein Studienkredit?
Als wir uns dann schließlich persönlich sprechen, frage ich die angehende Studentin nach ihrer derzeitigen Situation und vor allem danach, wie hoch ihre Finanzierungslücke ist. Sie hat einen Platz in einer Wohngemeinschaft gefunden und ist auf der Suche nach einem Nebenjob. Außerdem spielt sie mit dem Gedanken, einen Studienkredit abzuschließen, um ihre monatlichen Kosten zu decken.
Die bekannteste Form der Studienfinanzierung ist das Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz BAföG. „Meine Eltern haben ein recht gutes Einkommen. Habe ich da überhaupt eine Chance auf BAföG?“, fragt sie mich. Na klar! Auf der Website www.bafög.de gibt es Berechnungsbeispiele zum BAföG. Zudem bieten wir ihr zunächst eine schriftliche BAföG-Probeberechnung an, um uns ein Bild über den konkreten Fall zu machen. Die monatliche Förderung beträgt für Studierende 812 Euro, wenn sie nicht bei den Eltern wohnen. Unter Hinzurechnung der Zuschläge für Kranken- und Pflegeversicherung beträgt der Förderungshöchstsatz für auswärts wohnende Studierende 934 Euro. Durch die zum Wintersemester 2022/23 in Kraft getretene BAföG-Novelle gibt es nun weitaus mehr Möglichkeiten für Studierende. Unter anderem wurde der Freibetrag für Eltern deutlich angehoben, so dass nun mehr Studierende Anspruch auf BAföG-Förderung haben bzw. höhere BAföG-Beträge erhalten können.
Anschließend sprechen wir über das Thema Studienkredit. Grundsätzlich rate ich jedem Interessierten, vor Abschluss eines Studienkredits das Gespräch mit der Studienfinanzierungsberatung bzw. Sozialberatung der Studenten- und Studierendenwerke zu suchen. Wir beraten immer aus Perspektive der Studierenden, um unnötige Verschuldungen zu vermeiden. In jedem Fall gilt es zu prüfen, ob nicht doch eine kostengünstigere Alternative möglich ist. Beispielsweise ein Stipendium, zu dem ich auch Franziska rate. „Nein, dafür waren meine schulischen Leistungen nicht ausreichend“, entgegnet sie direkt und steht mit ihrer Meinung stellvertretend für viele ihrer Kommiliton*innen. Doch die Realität sieht anders aus: Tatsächlich ist es keineswegs vonnöten, einen Abschluss mit 1,0 hinzulegen, um für eine Förderung in Frage zu kommen. Insgesamt gibt es mehr als 3.000 verschiedenen Stipendien in der Bundesrepublik für Studierende und Absolvent*innen, 13 davon staatlich. In vielen Fällen reicht bereits eine Abgangsnote von 2,5 sowie gesellschaftliches Engagement aus. Ich verweise die junge Studentin auf eine Suchmaschine auf unserer Webseite, die verschiedene Stipendiengeber*innen vorstellt, Passgenauigkeit der Bewerber*innen überprüft und Tipps zur Bewerbung gibt. Neben den staatlichen Stiftungen gibt es auch zahlreiche nichtstaatliche Stipendien, die auch eine gute Möglichkeit sein können, das Studium zu finanzieren.
Abschließend möchte Franziska wissen, wie sie weiter vorgehen sollte. Grundsätzlich raten wir zunächst, einen BAföG-Antrag zu stellen und sich ggf. bereits vor oder zu Beginn des Studiums um ein Stipendium zu bemühen. Wenn sie eine Stipendienzusage z.B. von einem Begabtenförderungswerk erhält, endet die BAföG-Förderung. Das Stipendium ist aber günstiger, da es nicht zurückgezahlt werden muss. Zusätzlich zu der Höhe der BAföG-Förderung zahlen die Begabtenförderungswerke auch noch eine Studienkostenpauschale von 300 Euro.
Nachdem die Studentin die Zulassung erhalten hat, kontaktiert sie uns erneut. Beim Ausfüllen der Anträge hat sie Fragen, die in unserem Beratungszentrum mit ihr geklärt werden. Wenige Wochen später meldet sie sich erfreulicherweise nochmal. Sie informiert mich per Mail, dass sie neben der Unterstützung durch ihre Eltern nun BAföG erhält und ihre monatlichen Kosten zudem mit einem Stipendium eines privaten Anbieters decken kann. Den Plan, einen Nebenjob zu suchen hat sie vorerst auf die vorlesungsfreie Zeit verschoben und hat dadurch mehr Zeit, sich voll und ganz auf den Studienstart zu fokussieren.