Video: Künstlerische Studiengänge
Kunstpädagogik-Studentin Annalisa und Präsident Holger Felten von der Akademie der bildenden Künste in Nürnberg sprechen über das Kunst-Studium: Wie genau bewirbt man sich, wenn man Kunst studieren möchte, wie läuft das Studium ab, welche Erwartungen haben die Dozierenden und mit welchen Fähigkeiten werden die Absolventinnen und Absolventen in eine nicht gerade stromlinienförmige Arbeitswelt entlassen?
Transkript

Studienwahl: Was zeichnet ein künstlerisches Studium aus? Studienwahl fragt nach an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg.
Holger Felten: Mein Name ist Holger Felten. Ich bin der Präsident der Akademie und Professor für Grafikdesign.
Annalisa: Ich bin die Annalisa. Ich studiere jetzt Kunstpädagogik, bin jetzt gerade noch im neunten Semester und komme jetzt dann ins zehnte Semester.
Studienwahl: Warum entscheidet man sich für ein Kunststudium? Während andere Studienwege oft klare Perspektiven aufzeigen, sind Kunstkarrieren meist sehr individuell und nicht immer naheliegend.
Holger Felten: Kunst zu studieren ist, glaube ich, eine Persönlichkeitsfrage. Wann man wie sich dafür entscheidet, Kunst wirklich zu studieren. Sich für das Kreative zu entscheiden, ist, glaube ich, eine Lebensfrage, weil die Karriere, die sich dann daraus ergibt, ist noch nicht absehbar.
Annalisa: Direkt nach dem Abi hatte ich mal überlegt, ob ich Ingenieurwesen studiere und habe dann sehr schnell bemerkt, dass es einfach nicht der Ort ist, wo ich mich wohlfühle. Und hier hatte ich das Gefühl, ich konnte irgendwie so sein, wie ich bin und mich irgendwie kreativ auch ausleben und das machen, auf das ich auch Lust habe und nicht so mich einschränken zu lassen von so vielen Klausuren, vielen Sachen, die mich vielleicht nur so halb interessieren, sondern hier konnte ich mich wirklich darauf fokussieren, auf was ich wirklich Lust hatte.
Studienwahl: Wer an einer Kunsthochschule studieren möchte, muss sich bewerben. Mit einer Mappe, die den Dozierenden mehr zeigen muss als technisches Können.
Holger Felten: Schlussendlich geht es darum, in der Mappe eine Persönlichkeit zu erkennen, die die Energie, das Talent und das Format hat, so ein Studium dann auch zu bewältigen. Also diese Persönlichkeit, die in dieser Mappe dann steckt. Und das passiert dann, wenn man diese Energie daraus spürt. Man kann gar nicht sagen, was da jetzt ein Rezept dafür ist.
Annalisa: Was bei den Mappen-Besprechungen oft gesagt wird, ist so: Ja, mach das, was dich interessiert und schau nicht so was muss in die Mappe, was muss nicht in die Mappe, was irgendjemand von außen sagt, sondern es geht wirklich darum, das zu machen, wo man gerade Interesse hat und da auch zu forschen und in die Tiefe zu gehen, ja.
Holger Felten: Und dann kommt nach der Mappenaufnahme noch mal eine Prüfung und in einem Gespräch muss irgendwie plausibel werden, dass das die Person wirklich will. Man braucht viel Energie, auch viel Energie, Krisen zu durchleben und und sich da auch mit der eigenen Persönlichkeit dann da wieder weiterzuentwickeln. Das ist nicht jedermanns Sache, gefragt zu werden: Was willst du eigentlich und warum willst du das? Das muss man erst mal beantworten können.
Annalisa: Die Herausforderung für mich war, welche Arbeiten ich auswähle oder was ich genau zeige. Aber sonst war es eigentlich ein superschöner Prozess, das zu machen. Klar, man ist so ein bisschen nervös, weil man redet eben vor den Professor*innen und so und zeigt so die künstlerische Arbeit, die man davor vielleicht nur so zu Hause in seinem dunklen Kämmerchen irgendwie gemacht hat und nie so wirklich geteilt hat mit jemanden. Aber ja, ich hatte da super Spaß dran, eigentlich.
Studienwahl: Ein Kunststudium findet nicht nur in Vorlesungen statt. In den Ateliers und Werkstätten der Akademie entstehen eigene kreative Projekte, oft im Austausch mit anderen.
Annalisa: Mein typischer Tag hier ist eigentlich so Ich komme hierhin, habe wahrscheinlich vormittags Vorlesung und nachmittags bin ich dann eben hier im Atelier. Andere Tage ist man dann wieder weniger hier und hat zum Beispiel irgendwie Hausarbeiten, die man schreiben muss, was vor allem jetzt auch im Kunstpädagogik-Studium so ist. In der Freien Kunst ist glaube ich noch mal anders.
Holger Felten: Künstler sind ja ganz pragmatisch. Wenn sie was brauchen, dann wollen sie das lernen. Und dann lernen sie das auch in einer unglaublichen Intensität und Tiefe. Wenn also ein Künstler Metallschweißen braucht für seine Arbeit, dann lernt er in dem Moment Schweißen. Wenn es Schlitze und Zapfenverbindungen sind, die er unbedingt für seine künstlerische Arbeit braucht, dann lernt er die.
Annalisa: Also was mich hier so am meisten weitergebracht hat im Studium war so dieses Arbeiten mit einfach kunstschaffenden Personen, das Zusammenarbeiten und dieses Umfeld, das man eben so viele kunstschaffende Personen um sich herum hat, die einen inspirieren, mit den man reden kann, mit denen man Projekte auch starten kann. Ja, und das war total inspirierend für mich und hat mich super geprägt in der Weise, wie ich mit meinen Arbeiten umgehe und wie, ja, ich mich entwickelt habe, hier auch.
Holger Felten: Es ist ganz wenig, dass ich lese: Wie hat es Jeff Koons gemacht, dann mach ich das genauso. Weil genau das ist eigentlich falsch, weil der hat es ja eben schon gemacht. Und ich gehe immer von einem weißen Blatt aus und ich weiß eigentlich noch nicht, wohin das geht. Also es ist auch gewissermaßen eine Forschungsarbeit, eine künstlerische Forschung. Wir reden da schon auch von künstlerischer Forschung, weil wir nicht wissen, was zum Ende für eine Arbeit rauskommt, wenn wir beginnen.
Studienwahl: Und nach dem Studium? Klar ist, es gibt keinen festen Karriereplan. Absolventinnen und Absolventen finden ihren Weg in ganz unterschiedlichen Bereichen und oft fernab gerader Linien.
Holger Felten: Ich glaube, die große Stärke ist zum Schluss von einem Studierenden oder einer Studierenden, die hier absolviert, dass sie eine konzeptionelle Festigkeit oder Persönlichkeit hat. Dass sie dann genau weiß, was sie will und wohin sie will und dass sie dann in kreativen Prozessen auch genau weiß, wo sie einhakt oder was sie mitmacht.
Annalisa: Ich habe schon das Gefühl, dass das so für mich irgendwie wie so ein Grundstudium war, wo ich so rausfinde: Okay das meine Interesse, da habe ich richtig Lust drauf, das mache ich. Und dann sich so danach irgendwie so in so eine bestimmte Richtung wirklich noch mal richtig spezifiziert. Also ich habe auf jeden Fall super Lust an meiner eigenen künstlerischen Arbeit weiterzuarbeiten. Ich will das auf gar keinen Fall so gehen lassen.
Holger Felten: Insofern ist es eine kreative Persönlichkeit, die hier rauskommt mit den Möglichkeiten, in der Gesellschaft irgendwie ihren Platz zu finden. Sei es als Kuratorin oder als künstlerische Beraterin in einem Prozess oder dann auch als eigenständige Malerin in einer Galerie oder einem Kunstverein.
Annalisa: Ich glaube, das Studium hier hat mir auch sehr gezeigt, dass ich mir eben nicht nur vorstellen kann, Lehrerin zu sein, sondern wirklich auch als Künstlerin arbeiten zu wollen und meine künstlerische Arbeit irgendwie weiterzuentwickeln. Das hätte ich, glaube ich, hätte ich an einer anderen Hochschule oder einer NIcht-Kunstakademie studiert, nicht so rausgefunden.
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