„Der Bedarf ist überall riesig“
Soziale Studiengänge gibt es viele – doch wie findet man den für sich passenden? Und welche Kompetenzen muss man überhaupt mitbringen? Die Antworten auf Fragen wie diese gibt Gwendolyn Stilling. Sie ist Pressesprecherin beim Paritätischen Gesamtverband in Berlin.
studienwahl.de: Ich möchte etwas im sozialen Bereich studieren. Wie finde ich unter der großen Menge an Angeboten die Sparte, die am besten zu mir passt?
Gwendolyn Stilling: Man sollte auf die eigenen Stärken und Interessen schauen: Motiviert es mich, Menschen in akuten Notlagen zu helfen, dann kommt Soziale Arbeit als Studium gut in Frage, wo nicht nur breite Grundlagen vermittelt werden, sondern im Rahmen eines Praxissemesters die Möglichkeit zu berufspraktischer Spezialisierung besteht. Sehe ich mich eher in rein beratenden Rollen? Dann hilft ein Fach wie Sozialrecht immer. Habe ich Lust auf außerschulische Bildungsarbeit, vielleicht mit einem besonderen thematischen Schwerpunkt, sollte ich die pädagogischen Studiengänge durchforsten. Oder habe ich Spaß am Organisieren und Entscheiden, kann nicht nur mit Menschen, sondern auch mit Zahlen? Dann lohnt ein Blick in die diversen Sozial- oder Pflege-Management-Angebote.
studienwahl.de: Lassen sich die Optionen weiter eingrenzen?
Gwendolyn Stilling: Ja, es hilft die Frage, ob ich zu einer bestimmten Alters- oder Zielgruppe einen besonderen Draht habe: Kann ich mir vielleicht von vornherein eher vorstellen nur mit ganz kleinen Kindern zu arbeiten, mit älteren Menschen, Menschen mit Beeinträchtigungen oder aber mit Jugendlichen? Das Angebot sozialer Einrichtungen und Dienste reicht im wahrsten Sinne des Wortes von der Wiege bis zur Bahre. Jedes Lebensalter, jede Lebenslage bringt eigene Besonderheiten und Herausforderungen mit sich. Wer hier besondere Interessen mitbringt, sollte sich über entsprechende Vertiefungsmöglichkeiten und mögliche Schwerpunkte informieren.
studienwahl.de: In welchen Bereichen werden Arbeitskräfte derzeit besonders gesucht?
Gwendolyn Stilling: Der Bedarf ist eigentlich überall riesig. In der Pflege gibt es extreme Personalnot, aber auch in der Kinder- und Jugendhilfe werden händeringend Fachkräfte gesucht. In zehn Jahren werden schätzungsweise allein 300.000 Erzieher*innen und mehr als 300.000 Pflegefachkräfte fehlen.
studienwahl.de: Wie könnte sich der Bereich in den nächsten Jahren verändern?
Gwendolyn Stilling: Durch den demografischen Wandel ist mit einem massiven Ausbau der Altenhilfe und Pflege zu rechnen. Und auch der Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung sowie neu auf Ganztagsschulbetreuung bringen viel Dynamik mit sich. Dazu kommt ein stetiger Ausbau inklusiver Angebote, für den Fachkräfte wie beispielsweise Heil- und Sonderpädagogen oder Schulsozialarbeiter*innen dringend gebraucht werden.
studienwahl.de Welche Kompetenzen sollte ich mitbringen?
Gwendolyn Stilling: Flexibilität und ein gewisses Maß an Belastbarkeit schaden auf keinen Fall. Darüber hinaus gilt: Ob Heil- oder Sonderpädagogik, Schuldnerberatung oder Wohnungslosenhilfe, offene Jugendarbeit oder die Leitung einer Pflegeeinrichtung – soziale Arbeit ist immer auch Beziehungsarbeit. Dafür braucht es eine gute Portion Empathie. Und vor allem Freude am Umgang mit Menschen.