Hürden überwinden
Vor welchen Herausforderungen standen „Erstis“ zum Studienstart? Wie haben sie diese hinter sich gelassen? Dazu hat sich studienwahl.de an verschiedenen Hochschulen umgehört.
Maybritt Adolphi (20) studiert im vierten Semester des Studiengangs Gymnasiales Lehramt für die Fächer Geschichte und Kunst an der Universität Greifswald
„Vor Beginn des Studiums beschäftigte mich das Thema Finanzierung sehr. Meine Eltern sind im landwirtschaftlichen Bereich selbstständig und hätten mich etwa bei der WG-Zimmermiete oder dem Wocheneinkauf durchaus finanziell unterstützen können. Weil ich aber schon früh mein eigenes Geld durch Nebenjobs verdient habe, wollte ich versuchen, auch während des Studiums ein Stück weit finanziell unabhängig zu sein.
BAföG käme für mich aufgrund der Berufstätigkeit meiner Eltern leider nicht in Frage, dachte ich – bis sich meine Mutter genauer über die Bedingungen informierte. Beim Antrag half mir dann der Online-Leitfaden unseres Studierendenwerks und schließlich erhielt ich die Bestätigung der Förderung. Da ich trotzdem gern arbeiten wollte, nahm ich einen Job als studentische Hilfskraft im Studierendenmarketing an. Durch den Job an der Uni bin ich zeitlich sehr flexibel und so kann ich Studieninhalte und Arbeit gut miteinander verbinden, ohne das Studium zu vernachlässigen.“
Jonah Semella (19) studiert im zweiten Semester des Bachelorstudiengangs Maschinenbau an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen
„Ich komme ursprünglich aus dem Sauerland und brauchte daher eine Unterkunft in Aachen. Da ich mich erst drei Monate zuvor für diese Hochschule entschieden hatte, konnte ich auch erst dann mit der Suche beginnen. Für einen Platz im Wohnheim war das schon zu spät, dafür muss man sich mindestens ein Jahr im Voraus bewerben. Also habe ich mich auf den gängigen Immobilienportalen umgesehen und etliche Bewerbungen geschickt, aber oft nicht einmal eine Antwort bekommen. Letztlich klappte es dann über familiäre Kontakte gerade noch rechtzeitig.
Es war zunächst ungewohnt in einer Großstadt zu leben und sich nach zwölf Jahren Schule an einer so großen Universität zurechtzufinden, aber in der Ersti-Woche habe ich viele andere Studienanfänger*innen kennengelernt, und auch bei den Vorlesungen kommt man schnell miteinander in Kontakt. Nun bin ich hier angekommen und es war für mich die richtige Entscheidung.“
Franziska Fleitmann (27) studiert Lehramt für sonderpädagogische Förderung mit den Fächern Deutsch und Textilgestaltung und den Förderschwerpunkten Sehen und Lernen an der Technischen Universität (TU) Dortmund
„Bevor ich mein Bachelorstudium begonnen habe, machte ich mir schon Gedanken, ob alles klappen würde. Die Orientierung auf dem Campus und im Gebäude hat mir Sorgen bereitet und ich befürchtete, dass ich keinen Anschluss unter den Studierenden finden würde. Ich habe eine starke Sehbeeinträchtigung, weil ich seit meiner Jugend an Morbus Stargardt erkrankt bin. Daher kann ich zwar Umrisse und Farben noch wahrnehmen, aber zum Beispiel keine Gesichter erkennen. Sehr geholfen haben mir beim Studienstart die Angebote von DoBuS „Behinderung und Studium“. So konnte ich zum Beispiel an mehreren Campusführungen teilnehmen. Auch bei der Beantragung des Nachteilsausgleichs und beim Stundenplanbau hat mich das DoBuS-Team unterstützt.
Kontakte zu knüpfen war kein Problem. So haben mich Kommiliton*innen auf das Autonome Behindertenreferat aufmerksam gemacht, wo man mir sehr geholfen hat. Inzwischen läuft alles routiniert, was wohl vor allem einem offenen Umgang mit meiner Beeinträchtigung zu verdanken ist. Nur, wenn man aktiv nach Angeboten sucht und diese in Anspruch nimmt, kann einem geholfen werden.“
Svenja Fennel (21) studiert „Intercultural Communication and Business“ mit Englisch im Hauptfach und Wirtschaftswissenschaften im Nebenfach (viertes Semester) an der Justus-Liebig-Universität (JLU) Gießen:
„Die größte Umstellung für mich war, dass man im Studium völlig auf sich allein gestellt ist und im Vergleich zur Schule keine Anleitung bekommt. Das hat natürlich auch Vorteile, weil man sich seine Zeit so einteilen kann, wie es für einen am besten passt und funktioniert. Der Nachteil ist, dass es einen auch schnell dazu verleitet, etwas ganz anderes zu machen und zum Beispiel das Lernen für Klausuren bis zuletzt vor sich herzuschieben. Also wurde mir schnell klar, dass ich ein gutes Zeitmanagement und Selbstdisziplin brauche, um alles zu schaffen.
Der Austausch mit meinen Kommiliton*innen hat mir geholfen. Anfangs war es besonders schwierig Kontakte zu knüpfen, weil ich mitten in der Corona-Pandemie angefangen habe zu studieren und die Einführungswoche teils in Präsenz, teils online stattgefunden hat.“