Studium mit Behinderung

Ohne Gehör, aber mit Weitblick ins Studium

Marlon Seeburger ist gehörlos und studiert Maschinenbau an der Hochschule Heilbronn
Foto: privat

Seine Gehörlosigkeit hindert Marlon Seeburger (26) nicht an einem erfolgreichen Bachelorstudium Maschinenbau. Nachteilsausgleiche und eine besondere Unterstützung in den Vorlesungen helfen ihm dabei, den Studienalltag zu bewältigen.

In einem Studium wird naturgemäß viel gesprochen, zugehört und diskutiert. Um gehörlosen Studierenden die Teilnahme am regulären Studienalltag zu ermöglichen, kommen Dolmetschende für die Deutsche Laut- und Gebärdensprache auch im Hörsaal zum Einsatz. Diese sind in den Lehrveranstaltungen stets anwesend, was natürlich für einiges Aufsehen sorgt. „Zu Beginn musste man den Lehrkräften und anderen Studierenden erklären, warum die Dolmetschenden da sind, dass ich gehörlos bin, wie man mit mir umgehen muss etc. Das war mit viel Aufwand verbunden, hat sich mit der Zeit aber gut eingespielt“, berichtet Marlon Seeburger.

Hinzu kommt, dass man allein durch die Anwesenheit einer*s Dolmetschenden immer im Rampenlicht steht. Während andere Studierende in der Vorlesung schon mal unbemerkt fehlen, sich anderweitig beschäftigen oder gar einnicken können, würde das bei Marlon sofort auffallen. „Ich sitze meistens ganz vorne, wenn dann einmal meine Dolmetschenden und ich fehlen, bemerkt man das sofort“, erzählt der Student.

Für Hausarbeiten, Projekte und auch Prüfungen nimmt Marlon Seeburger Nachteilsausgleiche in Anspruch. Da seine Muttersprache nicht die Laut-, sondern die Gebärdensprache ist, werden ihm Zeitverlängerungen für die Abgaben gewährt. „Die Gebärdensprache hat eine andere Grammatik als die Lautsprache. Somit ist das schriftliche Bearbeiten von Aufgaben für mich schwieriger und ich bekomme als Ausgleich mehr Zeit.“

Viel Vorbereitung schon vor Studienbeginn

Durch all die Unterstützungsmöglichkeiten kommt Marlon Seeburger sehr gut durchs Studium. Diese überhaupt erst zu bekommen, erforderte jedoch einiges an Vorbereitung. Zunächst musste er einen Antrag beim zuständigen Landratsamt stellen, damit die Kosten für die Dolmetschenden übernommen wurden. War dieser bewilligt, mussten die Dolmetschenden organisiert werden. Da der Bedarf groß ist, kann es manchmal einige Zeit dauern, bis man alles unter Dach und Fach gebracht hat.

Danach kamen die Anträge bei der Hochschule selbst. Marlon Seeburger hat aufgrund seiner Gehörlosigkeit bereits bei der Studienbewerbung einen Härtefallantrag gestellt. Dabei sind in der Regel zwei bis fünf Prozent der Studienplätze für beeinträchtigte Studierende reserviert. „Ob ich nun wegen des Härtefalls genommen wurde oder nicht, kann ich natürlich nicht einschätzen“, sagt der 26-Jährige. Nachdem dann auch noch der Nachteilsausgleich vom Prüfungsamt genehmigt worden war, stand einem erfolgreichen Studium nichts mehr im Wege. Und so befindet sich Marlon Seeburger auf der Zielgeraden seines Maschinenbau-Studiums und kann im nächsten Jahr als Ingenieur ins Berufsleben starten.

Hinweis:

Das Telefongespräch mit Marlon Seeburger verlief problemlos und war auch für die Studienwahl-Redaktion eine neue Erfahrung: Über einen Telefondienst für hörgeschädigte Menschen sprach er mit studienwahl.de über seine Erfahrungen rund ums Studium an der Hochschule Heilbronn – in Gebärdensprache. Dabei dolmetscht eine Dolmetscherin, die mit ihm per Video verbunden ist, simultan in die Lautsprache.

Beispiele aus der Praxis: Das Studium mit Behinderung oder chronischer Erkrankung