Jessica Peters (23) studiert Anglistik und Skandinavistik an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Während ihres Studiums erhielt sie die Diagnose ADHS. Zudem leidet sie an Depressionen. Inzwischen nimmt sie die Unterstützungsangebote der LMU nicht nur in Anspruch, sondern arbeitet selbst als studentische Hilfskraft in der Beratungsstelle für Studierende mit Behinderung und chronischer Erkrankung.
Der hohe Lern- und Arbeitsaufwand sowie die Eigenorganisation des Stundenplans machen ein Studium zu einer großen Herausforderung. Umso mehr, wenn man wie Jessica Peters zusätzlich an ADHS-bedingten Konzentrationsstörungen leidet. „Ich habe keine geregelte Tagesstruktur. Unregelmäßige Lehrveranstaltungen und laute, überfüllte Hörsäle machen die Konzentration sehr schwierig“, erzählt die Studentin. Hinzu kommen in ihrem Fall wiederkehrende Phasen der Depression. „An manchen Tagen habe ich gar keine Energie und schaffe es teilweise nicht in die Uni.“
Das Zusammenspiel dieser beiden Beeinträchtigungen beeinflusst den Studienalltag der 23-Jährigen stark. Dennoch lässt sie sich nicht entmutigen – durch ihre hohe Eigenmotivation und die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen steht sie mittlerweile kurz vor dem Bachelorabschluss.
Ein Auf und Ab
Bei der Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS) gibt es eine sogenannte Stresskurve. „Je mehr Stress, desto leistungsfähiger ist man zunächst“, erklärt Jessica Peters. Allerdings kommt ab einem zu hohen Stresslevel der Punkt, an dem die Leistungsfähigkeit wieder schlagartig abnimmt. Meistens setzt bei ihr daraufhin eine depressive Phase ein. „In meinem Fall geschieht das häufig nach Klausuren oder Hausarbeiten. Man strengt sich an und fällt gleich danach in eine Depression, aus der man oft nicht so schnell wieder herausfindet.“
Die Beratungsangebote und Nachteilsausgleiche, die sie an der LMU in Anspruch nehmen kann, unterstützen sie in ihrem Studienalltag deshalb sehr. „Ich habe zum Beispiel eine Zeitverlängerung von 20 Prozent für Arbeiten. Dadurch verringert sich der Stress und die Depressionskurve ist danach nicht ganz so schlimm.“ Diese Unterstützungsmöglichkeiten, die individuell auf die Bedürfnisse der Studierenden mit Beeinträchtigung abgestimmt werden, sind für die Gleichstellung an Unis unverzichtbar. Jessica Peters motivierten sie dazu, sich selbst als studentische Hilfskraft bei der Beratungsstelle für Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung an der LMU zu bewerben.
Nicht nur beraten werden, sondern auch selbst beraten
Die Beratungsstelle unterstützt Menschen mit studienerschwerenden Beeinträchtigungen vor und während des Studiums. Jessica Peters bekommt durch ihre Tätigkeit in einem Beratungsteam dort nun Einblicke in die Situationen vieler anderer Studierender mit Behinderung. „Viele Menschen zögern zunächst, sich einzugestehen, dass sie durch ihre Beeinträchtigung Hilfe brauchen. Bei uns in der Beratung ist es dann häufig ein Aufatmen, dass man verstanden wird, dass man unterstützt wird. Dieses Gefühl, das wir Menschen geben können, finde ich sehr wichtig.“
Durch ihre eigene Situation weiß die 23-Jährige, wie wertvoll es ist, sich an eine zentrale Stelle wenden zu können und nicht mehrere Instanzen durchlaufen zu müssen. Die vielfältigen Hilfen trugen dazu bei, dass sie selbst trotz erschwerter Bedingungen mittlerweile in der Schlussphase ihres Bachelorstudiums steht. Im nächsten Semester wird sie einen Master in Vergleichender Literaturwissenschaft und Gender Studies aufnehmen. Jessica Peters beweist, dass auch ein steiniger Weg zum erhofften Ziel führen kann.
Beispiele aus der Praxis: Das Studium mit Behinderung oder chronischer Erkrankung