Auszeit

Auszeit vor dem Studium

Ein junger Mann mit Rucksack steht an einem sich gabelnden Feldweg, der von Wiese und Bäumen umsäumt ist. Der junge Mann blickt seitlich zurück und lächelt in die Kamera.
Foto: Julien Fertl | Bundesagentur für Arbeit

Viele Abiturient*innen wollen nach dem Schulabschluss nicht direkt in ein Studium oder eine Ausbildung starten, sondern sich stattdessen lieber eine Auszeit nehmen und neue Erfahrungen sammeln, sei es im In- oder Ausland. Studienwahl.de stellt verschiedene Möglichkeiten vor.

Ein Porträt-Foto von Moritz H.
Foto: privat

Als die Kinder ihm am Ende der Saison dankbar ein Geschenk übergaben, war das ein bewegender Moment für Moritz Hartmann. Er hatte im Rahmen seines Freiwilligen Sozialen Jahrs (FSJ) eine Fußball-Juniorenmannschaft trainiert, nun war sie am Ende der Saison aufgestiegen. „Besonders schön ist es, wenn man merkt, dass das Training den Kindern Spaß macht“, schwärmt der 20-Jährige. „Und ebenso erfüllend ist es, wenn die Eltern einem sagen, wie toll man mit den Kindern umgeht – und zu sehen, wie sich die Kinder und Jugendlichen entwickeln.“

Sein FSJ absolvierte er beim Fußballverein FC Rot-Weiß Lessenich. Die zwölf Monate brachten ihn auf vielen Ebenen weiter, „etwa beim Thema Organisation, verantwortlichem Handeln oder selbstbewusstem Auftreten vor größeren Gruppen“, findet er. (Mehr dazu lesen Sie in der Reportage „FSJ mit dem runden Leder“.)

Freiwilligendienste im Inland

Ein Porträt-Foto von Jutta H.
Foto: Colvin Crowley-Nicol

Die Einsatzmöglichkeiten bei einem Freiwilligen Jahr sind breit, wie auch Judith Heinemann-Adolfs von der Arbeitsagentur Bonn weiß. „Neben dem sozialen Sektor kommen auch Bereiche wie Sport, Kultur, Zivil- und Katastrophenschutz, Denkmalpflege, Naturschutz, Sanitäts- und Rettungsdienst oder zum Beispiel handwerkliche Tätigkeiten auf kommunalen Bauhöfen infrage.“

Für solche Einsätze innerhalb Deutschlands gibt es das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ), das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) und den Bundesfreiwilligendienst, auch „BufDi“ genannt. Hinsichtlich der Tätigkeiten gleichen sich diese drei Varianten, sie alle werden über dieselben öffentlichen Träger geregelt. Unterschiede gibt es bei der Zielgruppe und der Ausgestaltung. „Das FSJ und FÖJ richten sich an junge Menschen bis 27 Jahren, sodass in dieser Gruppe eher Gleichaltrige vertreten sind. Beim Bundesfreiwilligendienst kann man sich auch über das Rentenalter hinaus engagieren“, erklärt die Berufsberaterin.

Insgesamt dauern die Einsätze zwischen sechs und 24 Monate, meistens aber ein Jahr. „Beim BufDi sind auch Teilzeitmodelle möglich“ Vergütet werden diese drei Freiwilligendienste mit einem Taschengeld in Höhe von aktuell 315 Euro monatlich, auch Fahrtkosten oder andere Auslagen werden unter Umständen erstattet.

Als weitere Option nennt die Expertin den Freiwilligen Wehrdienst (FWD). Hier beträgt die Mindestzeit für die Teilnahme sieben Monate, bis zu 23 Monate sind möglich, jeweils mit entsprechender Besoldung. „Zu beachten ist, dass der Freiwillige Wehrdienst nach einer sechsmonatigen Probezeit verpflichtend ist und ab einer Dauer von mehr als einem Jahr auch Auslandseinsätze beinhaltet – es sei denn, man bewirbt sich für den Heimatschutz.“ Zu Letzterem gehört neben der militärischen Ausbildung auch eine Sanitätsausbildung.

Beispiele aus der Praxis: Auszeit vor dem Studium

Für das „Gap Year“ ins Ausland

Wer in der Zeit zwischen Abitur und Studium lieber Auslandserfahrungen sammeln möchte, hat auch hierfür reichlich Möglichkeiten. Eine davon ist der Europäische Freiwilligendienst (EFD), bei dem man zum Beispiel eine Hilfsorganisation vor Ort unterstützt. Zielländer sind neben den EU-Mitgliedstaaten auch Norwegen, die Türkei, die weiteren Balkanstaaten sowie Teile Nordafrikas (Ägypten, Marokko und Israel). „Anders als bei den inländischen Freiwilligendiensten ist hier bereits eine Dauer von ab zwei Monaten möglich“, weiß Judith Heinemann-Adolfs und weist dabei auch auf längere Bewerbungsfristen hin. „Für den EFD bewirbt man sich in der Regel mindestens acht Monate vorher, während für ein FSJ, FÖJ oder den BufDi auch noch relativ kurzfristig ein Platz zu bekommen ist.“ Die Finanzierung des EFD wiederum ist vergleichbar, die Zahlung eines Taschengelds ist je nach Träger möglich. Kost und Logis sind frei, auch bei Bedarf nötige Visa, Versicherungen oder Impfungen sowie Sprachkurse werden unterstützt.

Wer lieber reisen und unterwegs verschiedene Jobs annehmen möchte, findet mit Work & Travel oder flexibler Freiwilligenarbeit vielleicht die richtige Option. Hierbei kann man den Aufenthalt individueller gestalten. „Das bedeutet aber auch, dass man sich um vieles selbst kümmern und auch anfallende Kosten übernehmen muss, etwa für Flug und Unterkunft“, erklärt die Beraterin.

Beim Au-pair-Programm wohnen die Teilnehmenden bei Gastfamilien und kümmern sich um deren Kinder. Ganz nebenbei lernen sie so eine andere Kultur und Sprache kennen und besuchen Kurse an einem College oder einer Universität vor Ort.

Während einer solchen Auszeit vor dem Studium – egal ob im In- oder Ausland – sammelt man Wartesemester für den späteren Wunschstudiengang, denn jedes Semester, in dem man nicht an einer deutschen Hochschule immatrikuliert ist, zählt als ein solches.

Rat und Tat

„Angesichts der Vielfalt an Angeboten ist es wichtig, sich bewusst zu machen, welche Erwartungen man an seine Auszeit vor dem Studium hat“, betont Judith Heinemann-Adolfs. Bei der Entscheidungsfindung helfen sie selbst und die Kolleg*innen bei den örtlichen Agenturen für Arbeit beratend weiter. Auch bei den jeweiligen Trägern oder diversen Plattformen kann man sich informieren und beispielsweise Erfahrungsberichte von Ehemaligen lesen.

Wichtig beim Thema Finanzierung: In vielen Fällen wird das Kindergeld weitergezahlt, und zwar generell bei allen geförderten Projekten, also FSJ, FÖJ, BufDi und EFD. „Bei anderen kann es durchaus sinnvoll sein, sich trotzdem an die Kindergeldstelle zu wenden und mitzuteilen, dass nach dieser Auszeit ein Studium aufgenommen wird. Dann findet sich oftmals eine Lösung“, rät Judith Heinemann-Adolfs. Sie selbst ist sich sicher: „Eine sinnvoll genutzte Auszeit erweitert den Horizont, hilft dabei, soziale Kompetenzen und andere Softskills, kulturelle Kompetenzen und Sprachkenntnisse zu vertiefen. Das sehen Arbeitgeber sehr gern im Lebenslauf und damit steigen auch die späteren Chancen im Berufsleben. Außerdem stärken solche Erfahrungen das eigene Selbstbewusstsein.“

Weitere Informationen

Bundesfreiwilligendienst.de

Europäischer Freiwilligendienst (EFD/ESK)

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