Ein anderes Land kennenlernen und die eigenen Sprachkenntnisse verbessern: Ein Auslandssemester oder -studium kann vielfältige Gründe haben. Immer mehr deutsche Studierende ergreifen die Chance und verbringen einen Teil ihres Studiums im Ausland.
Foto: privat
Von Sachsen-Anhalt nach Sizilien und weiter nach Frankreich: So lässt sich das vergangene Jahr von Sofía Gomez zusammenfassen. Die Wirtschaftsstudentin ist Teilnehmerin des Erasmus+-Programms der Europäischen Union, das Auslandsaufenthalte im Studium fördert. „Ich liebe es, neue Kulturen und Länder und Sprachen kennenzulernen“, sagt die 25-Jährige, deren Familie einen mexikanischen Hintergrund hat. „Erasmus+ ist eine tolle Möglichkeit, um während des Studiums ins Ausland zu gehen und dafür eine finanzielle Unterstützung zu bekommen.“
Daher bewarb sie sich im dritten Semester an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, wo sie im Bachelor Business Economics studiert, für ein Semester an der Partneruniversität in Palermo. Schon einen Monat später bekam sie die Zusage und vereinbarte mit beiden Hochschulen, welche Kurse sie im Ausland belegen würde. Schließlich suchte sie sich übers Internet ein WG-Zimmer, belegte einen von Erasmus+ angebotenen Online-Italienischkurs und zog im September 2021 nach Palermo.
„Auch wenn es hier und da ein paar kleine organisatorische Schwierigkeiten gab, war es sehr schön, dem Winter zu entfliehen“, sagt Sofía Gomez. Eine andere Kultur erleben und Land und Leute kennen lernen: All diese Eindrücke fand sie sogar so gut, dass sie sich entschied, ab Februar 2022 kurzfristig noch ein Praktikumssemester bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris dranzuhängen, das ebenfalls von Erasmus+ gefördert wurde. Nachdem dieses zu Ende gegangen ist, will sich die Studentin jetzt erstmal auf ihre Bachelorarbeit in Halle konzentrieren.
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Beispiele aus der Praxis: Ins Ausland mit Erasmus+
Erfahrungen wie die von Sofía Gomez kennt Moritz Banzhaf gut. Er ist Erasmus+-Hochschulkoordinator an der Universität Kassel. Sein Tipp: Wenn man weiß, dass man ins Ausland gehen möchte, sollte man rund ein Jahr vorher mit der Planung loslegen (siehe FAQ). „Je nach Fachbereich gibt es unterschiedliche Bewerbungsfristen für Auslandsaufenthalte im folgenden akademischen Jahr.“
Nach der Zusage kümmert man sich um das sogenannte Learning Agreement. „Das ist das Herzstück eines jeden Erasmus+-Aufenthalts“, weiß Moritz Banzhaf. Darin wird vereinbart, welche Leistungen man im Ausland erbringen wird. Das unterschreiben die*der Student*in, die Heimat- sowie die Zielhochschule – und damit ist die Anerkennung der im Ausland erbrachten Studienleistungen schon vorab gesichert.
In jedem Studienabschnitt möglich
Foto: DAAD
Überhaupt spricht für ihn einiges für ein oder mehrere Auslandssemester: „Man kann seine Sprachkenntnisse verbessern, ein neues Studiensystem kennenlernen, wird selbstständiger, knüpft neue Kontakte und erweitert den eigenen Horizont.“ Abhängig vom gewählten Studium könne ab dem dritten Fachsemester im Bachelor jeder Zeitpunkt gut dafür sein.
Tatsächlich nutzen viele Studieren diese Chance: Laut Dr. Stephan Geifes, Direktor der Nationalen Agentur für Erasmus+ Hochschulzusammenarbeit im Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), wurden europaweit in den vergangenen 35 Jahren etwa zwölf Millionen Auslandsaufenthalte junger Menschen mit den Erasmusprogrammen gefördert. Allein im deutschen Hochschulbereich sind es demnach rund eine Million – im Jahr 2020 wurden den rund 400 Hochschulen bundesweit knapp 51 000 Aufenthalte bewilligt. Die meisten Studierenden gehen dabei nach Spanien und Frankreich. Generell sind Aufenthalte in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sowie in Island, Liechtenstein, Nordmazedonien, Norwegen, Serbien sowie der Türkei möglich.
„Mit Erasmus+ werden Auslandsaufenthalte von zwei bis zwölf Monaten in jedem Studienabschnitt gefördert“, sagt Stephan Geifes. So könne man im Bachelor, im Master (siehe Reportage 1) und während der Promotion ins Ausland gehen und dort studieren oder ein Praktikum absolvieren (siehe Reportage 2). Egal ob man dabei ein freiwilliges oder ein für das Studium vorgeschriebene Pflichtpraktikum machen möchte: Beides ist mit Erasmus+ möglich.
Teilstipendium und kostenloser Online-Sprachkurs
„Wichtig zu wissen ist auch: Man kann theoretisch während des Bachelorstudiums bis zu zwölf Monate ins Ausland gehen – und während des Masterstudiums noch einmal bis zu zwölf Monate“, ergänzt der Experte.
Was aber wird genau gefördert? „Abhängig von den Lebenshaltungskosten des Ziellandes erhält man ein Teilstipendium“, sagt Stephan Geifes. Die Maximalsumme dafür sei in diesem Jahr um 150 Euro erhöht worden; der Höchstbetrag liegt damit bei 600 Euro pro Monat. Alle Erasmus+-Geförderten können außerdem einen kostenlosen Online-Sprachkurs machen, um die Sprache des Ziellandes (besser) zu lernen.
„Ich vergleiche Erasmus+ gern mit einem All-inclusive-Angebot“, sagt Stephan Geifes. „Denn mit dem Programm erhalten Studierende strukturierte Möglichkeiten für einen Auslandsaufenthalt, bei dem sie während des gesamten Prozesses begleitet werden und die Anerkennung der im Ausland erbrachten Leistungen von Anfang an geregelt wird.“
Infoportal der Bundesagentur für Arbeit zur beruflichen Orientierung für Abiturient*innen und Studierende. www.abi.de
Auslandsvermittlung der Bundesagentur für Arbeit
Die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) bündelt die internationalen Dienstleistungen der Bundesagentur für Arbeit. www.ba-auslandsvermittlung.de
Deutscher Akademischer Austauschdienst
Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) liefert wichtige Infos rund um das Studium im Ausland www.daad.de
Erasmus+
Informationen zu Erasmus+, dem Programm für Bildung, Jugend und Sport der Europäischen Union www.erasmusplus.de
rausvonzuhaus
Informationen zu Auslandsaufenthalten für Jugendliche, u.a. zu Freiwilligendiensten, Work & Travel und Studium www.rausvonzuhaus.de
Initiative „studieren weltweit – Erlebe es!“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und des Deutschen Akademischen Austauschdienste www.studieren-weltweit.de
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