Mit der Allgemeinen Hochschulreife stehen Studieninteressierten alle Wege offen. Aber auch mit einer Fachhochschul- oder fachgebundene Hochschulreife oder sogar nach einer Ausbildung kann man ein Studium aufnehmen. Allerdings mit ein paar Einschränkungen.
Fachhochschule, Duale Hochschule oder Universität? Die Unterschiede zwischen beiden Hochschulformen waren Michel Manthey anfangs gar nicht so wichtig. Nach seinem Abitur in Ballenstedt in Sachsen-Anhalt suchte er nach wirtschaftsnahen Studiengängen in seiner Heimatregion. Bei seinen Recherchen stieß er auf die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HWTK) Leipzig, eine Fachhochschule, an der der 18-Jährige nun im zweiten Semester Betriebswirtschaftslehre studiert. „Mir gefällt, dass es bei dem Studium nicht nur um wissenschaftliche Grundlagen und die Theorie geht, sondern die Themen sehr praxisnah gelehrt werden.“
Mit seinem Schulabschluss hätte Michel Manthey auch einen BWL-Studiengang an einer Universität belegen können. Oder Philosophie, Jura, Lehramt, Informatik …. Mit der Allgemeinen Hochschulreife, wie das Abitur offiziell heißt, hat man die meisten Optionen. „Man kann rein theoretisch alles studieren, was an den Universitäten, Dualen Hochschulen, Kunst- und Musikhochschulen sowie Fachhochschulen angeboten wird - vorausgesetzt, man erfüllt die eventuell noch zusätzlich geforderten Zugangsvoraussetzungen,“ erklärt Otto Pompe, Berufsberater der Agentur für Arbeit Rheine in Nordrhein-Westfalen. Eine solche Zugangsvoraussetzung kann etwa ein Numerus Clausus sein (Weitere Informationen hierzu auf studienwahl.de). Zulassungsbeschränkungen gelten entweder bundesweit oder werden von der Hochschule selbst festgelegt (örtliche Zulassungsbeschränkung).
Mit der Fachhochschulreife kann man sich seinen Studiengang nur an Fachhochschulen beziehungsweise Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) frei wählen. In einigen Bundesländern gibt es darüber hinaus Sonderregelungen, die es Studieninteressierten mit Fachhochschulreife ermöglichen, ein Studium an einer Universität zu beginnen. In Baden-Württemberg etwa muss man hierfür die sogenannte Delta-Prüfung bestehen. „Allerdings sollte man beachten, dass Fachhochschulen vor Studienbeginn oft ein Praktikum oder praktische Erfahrungen verlangen“, weiß Otto Pompe. Das müsse je nach Anforderungen mindestens sechs Wochen oder mehrere Monate lang sein.
Schüler*innen, die die gymnasiale Oberstufe ein Jahr vor dem Abitur verlassen, haben den schulischen Teil der Fachhochschulreife. „Dieser muss dann noch durch einen praktischen Teil ergänzt werden, beispielsweise durch eine Ausbildung oder ein einjähriges Praktikum“, erklärt der Berufsberater. „Abhängig vom Bundesland gibt es teilweise auch Fachoberschulen, an denen man diesen Abschluss machen kann.“
Wer dagegen eine fachgebundene Hochschulreife hat, darf sowohl an Universitäten als auch an Fachhochschulen studieren – allerdings nur in der Fachrichtung des Schulabschlusses. Mit einem Abschluss im Bereich „Wirtschaft“ kann man also nur wirtschaftswissenschaftliche Studiengänge wählen, im Bereich „Technik“ dagegen nur technische. In manchen Bundesländern ermöglicht die fachgebundene Hochschulreife sogar das Studium aller Fächer an Fachhochschulen. Wer unsicher ist, ob er mit seinem Abschluss den Wunschstudiengang belegen kann, sollte direkt bei der Hochschule nachfragen. Dort erfährt man auch, ob es weitere Zulassungsvoraussetzungen wie etwa Eignungstests oder sonstige Auswahlverfahren gibt.
Die fachgebundene Fachhochschulreife gibt es nur in wenigen Bundesländern. Damit kann man in der entsprechenden Fachrichtung an Fachhochschulen studieren.
Aber auch wer weder Allgemeine noch fachgebundene noch Fachhochschulreife hat, kann unter bestimmten Voraussetzungen ein Studium aufnehmen.
„Eine erfolgreich abgelegte Meisterprüfung wird mit der Allgemeinen Hochschulreife gleichgesetzt“, erklärt der Experte. Das gilt auch für eine Weiterbildung zur*zum Techniker*in oder zur*zum Fachwirt*in. Das Durchschnittsalter dieser Studienanfänger*innen liege bei 30 Jahren. Allerdings sei es mit der Finanzierung oft etwas schwieriger (weitere Informationen zum Thema Studienfinanzierung finden Sie im Beitrag „Finanzierungsmöglichkeiten".). „Viele, die diesen Weg gehen, entscheiden sich daher für ein Teilzeitstudium, um nebenbei arbeiten zu können.“
Mit einer mindestens zweijährigen Berufsausbildung und drei Jahren Berufserfahrung im erlernten Beruf darf man ebenfalls studieren – wie bei der fachgebundenen Hochschulreife aber nur in der entsprechenden Fachrichtung. Häufig muss man hierfür ein Eignungsfeststellungsverfahren oder ein einjähriges Probestudium erfolgreich abschließen. Die geforderte Dauer der Berufsausbildung und der Berufserfahrung sind in jedem Land unterschiedlich.
Individuell klären, was möglich ist
„Das kann alles sehr verwirrend sein“, weiß der Fachmann Otto Pompe. „Deswegen sollte man sich bei einer Agentur für Arbeit oder im Internet, etwa unter studieren-ohne-abitur.de informieren.“ Außerdem sollte man sich fragen, ob man umziehen möchte oder etwa durch die Familie an einen Ort gebunden ist. „Dann kann man klären, was in dieser Region mit dem eigenen Abschluss überhaupt möglich wäre.“ Hinzu komme die bereits angesprochene Frage der Finanzierung. „All das ist aufwendig und mit guter Planung verbunden, für die man sich Zeit nehmen sollte.“
Weitere Informationen
abi.de
Infoportal der Bundesagentur für Arbeit zur beruflichen Orientierung für Abiturient*innen und Studierende. www.abi.de
Das gemeinnützige Centrum für Hochschulentwicklung informiert über das Studium in Deutschland und Zulassungsbedingungen zu den Hochschulen. Darunter gibt es auch Studien und Publikationen zu einzelnen Fachbereichen. www.che.de