Fremdsprachen studieren

Wirtschaftsprofi und Sprachvirtuose im globalen Kontext

Von unten aufgenommenes Foto der Ankunfts- und Abflugtafeln eines internationalen Flughafens.
Foto: Alex Becker | Bundesagentur für Arbeit

Wer international arbeiten möchte, muss nicht zwangsläufig Fremdsprachen studieren. Als Wirtschaftsexperte kann Raul (32) dank seiner zusätzlichen Sprachenkenntnisse rund um die Welt reisen und in seinem Beruf fachlich und sprachlich glänzen.

Ein Porträt-Foto von Raul
Foto: privat

„Momentan lebe ich aus dem Koffer“, lacht Raul, dessen Wohnort sich alle paar Wochen ändert. An das Pendeln rund um den Globus hat sich der Senior International Operational Auditor beim Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé bereits gewöhnt. Aktuell arbeitet er an einem Projekt in seiner ursprünglichen Heimat São Paulo in Brasilien. In ein paar Tagen geht es für ihn zurück in die Schweiz, zum Hauptsitz seiner Firma, bevor er von seinem Arbeitgeber an einen neuen Fleck der Erde entsandt wird.

Sprachen als wichtiges Hilfsmittel im globalen Konzern

Dank seiner Sprachkenntnisse in Portugiesisch, Englisch, Deutsch und Spanisch ist der 32-Jährige weltweit gefragt. Dabei liegt der Schwerpunkt seiner Arbeit darin, globale Märkte zu erschließen und Unternehmensprozesse an weltweiten Standorten zu optimieren. Sein ökonomisches Fachwissen ist dafür essenziell, die Sprachen sind ein wichtiges Werkzeug, um mit internationalen Stakeholder*innen in Kontakt zu kommen. In seinem Job analysiert Raul vor allem eine große Menge an Daten und verfasst dazu Geschäftsberichte. Die Hälfte seiner Arbeitszeit verbringt er allerdings in Calls und Meetings, besucht neue Standorte und Fabriken und verhandelt mit Geschäftspartner*innen und Kund*innen aus aller Welt. „Sprache spielt dabei eine sehr wichtige Rolle, da es für die Leute immer angenehmer, schneller und präziser geht, etwas in ihrer Muttersprache auszudrücken“, weiß Raul aus eigener Erfahrung.

Im Studium jede Gelegenheit zum Spracherwerb nutzen

Um seine Englischkenntnisse zu vertiefen und nach einem Studienplatz im Ausland zu suchen, reiste der gebürtige Brasilianer mit 18 Jahren zunächst nach England. „Englisch ist der erste Schlüssel, um international arbeiten zu können“, sagt Raul. Die Vorteile der kostenlosen Hochschulausbildung brachten ihn nach Deutschland, wo er sich in Freiburg ein Jahr lang diszipliniert die deutsche Sprache aneignete und schließlich das deutsche Abitur am Studienkolleg in München nachholte. Mit diesen Voraussetzungen konnte er sowohl seinen Bachelor in BWL an der Friedrich-Alexander-Universität in Nürnberg als auch seinen Master im selben Studiengang an der Universität Regensburg erfolgreich absolvieren. Während des Studiums lernte er außerdem Spanisch, machte zahlreiche Praktika und verbrachte je ein Auslandssemester in Portugal und Taiwan.

Flexibilität und Offenheit bei der Jobsuche wichtig

Nach seinem Einstiegsjob bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG wollte Raul sich international ausrichten und suchte über das soziale Netzwerk LinkedIn weltweit nach einem passenden Arbeitsplatz. An der Stelle bei Nestlé reizte ihn vor allem die Möglichkeit, nicht nur Englisch, sondern alle seine Sprachen anwenden zu können. „Alle in meinem Team sprechen mindestens drei Sprachen und das ist auch sinnvoll, weil wir in Länder geschickt werden, wo Englisch in der Bevölkerung keine Selbstverständlichkeit ist“, betont der Wirtschaftswissenschaftler. „Allein mit Englisch erreichst du nicht die Menschen im tiefsten Dorf in Brasilien.“

Sprache und Kultur als Schlüssel zum Verständnis

Sprache allein reiche aber nicht aus, um Einheimische zu verstehen, findet Raul. „Denn auch wenn die Welt globalisiert ist, kann man die Ansichten der Menschen besser erkennen, wenn man die Kultur ihres Landes kennt.“ Solche Soft Skills sind laut Raul nicht nur praktisch, sie hinterlassen auch Spuren in der Persönlichkeit. „Die internationale Arbeit mit verschiedenen Nationen macht einen sensibler für kulturelle Feinheiten. In Deutschland gibt man zum Beispiel direktes Feedback, während man in Asien oder den USA eher durch die Blume spricht.“

Ein Leben lang am selben Ort zu wohnen, kann Raul sich momentan gar nicht vorstellen. Internationalität und Flexibilität gehören für ihn zum Alltag und dem lebenslangen Lernprozess dazu. 

Beispiele aus der Praxis: Fremdsprachen studieren