In fast jedem Bereich der Gesellschaft stoßen wir auf rechtliche Fragen. Entsprechend vielfältig sind die Tätigkeitsfelder für Rechtswissenschaftler*innen. Studienwahl.de informiert über Studienwege in die Welt der Jurist*innen.
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Lernzeit für Carla Meyer: Die 22-Jährige bereitet sich auf ihr Staatsexamen vor. Im Herbst, ihrem 11. Semester, will sie sich für die erste juristische Prüfung anmelden. Dafür wiederholt sie alles, was sie in den vergangenen Jahren gelernt hat: Im Zivilrecht beschäftigt sie sich etwa damit, wie ein Vertrag zustande kommt, im Strafrecht stellt sie sich die Frage, ob es in den Fallbeispielen nun Mord oder Totschlag, Diebstahl oder Unterschlagung war, und im öffentlichen Recht befasst sie sich unter anderem damit, wie weit Grundrechte gehen können.
„Das Jurastudium ist sehr generalistisch“, erläutert die Studentin der Uni Münster. Man müsse viel lernen und sich dabei auch mit Rechtsbereichen beschäftigen, die einen nicht vorrangig interessieren. Sie empfiehlt, sich im Laufe des Studiums auf eine Nische zu spezialisieren. Carla Meyer hat sich für „Rechtswissenschaft in Europa“ entschieden, um auch mal „über den Tellerrand“ zu schauen. Um ein weiteres Rechtssystem kennenzulernen, hat sie zudem ein Auslandssemester in den USA absolviert.
Beispiele aus der Praxis: Rechtswissenschaften studieren
Sobald Carla Meyer ihre erste juristische Prüfung bestanden hat, beginnt ihr zweijähriges Rechtsreferendariat. Dieser Vorbereitungsdienst, in dem man bereits ein Gehalt bezieht, teilt sich auf in eine Zivilrechts-, Strafrechts- und Verwaltungsstation sowie eine Wahlstation, die man auch im Ausland absolvieren kann. Darauf folgt die zweite juristische Prüfung, nach der Carla Meyer als Richterin oder Staatsanwältin arbeiten könnte. Wer Notar*in werden will, muss zusätzlich noch eine notarielle Fachprüfung absolvieren. Carla Meyer hat sich noch nicht festgelegt – sie kann sich auch vorstellen, als Volljuristin in der Verwaltung oder der Politik tätig zu werden. „Ich finde es toll, dass das Jurastudium eine Vielzahl an Berufsmöglichkeiten eröffnet“, sagt die 22-Jährige.
Wer sich nicht sicher ist, in welchem der vielen juristischen Berufe sie*er später arbeiten möchte, sollte am besten einen Staatsexamens-Studiengang wählen, rät Uwe Linke-Ströbele, Berufsberater der Agentur für Arbeit Herford. Das Staatsexamen sei zwar nur für Richter*innen, Staatsanwält*innen und Notar*innen verpflichtend. „Es ist aber bei Bewerbungen kein Nachteil – im Gegenteil.“ Manche Unis – darunter alle in Sachsen – bieten einen integrierten Bachelor an, der es ermöglicht, das Studium auch mit diesem abzuschließen. Daneben können Interessent*innen aus mehreren „reinen“ Bachelor- und Master-Angeboten wählen, die in der Regel mit dem Bachelor oder Master of Laws abschließen. Dazu gehören auch Schnittstellenstudiengänge wie Wirtschaftsrecht, bei dem juristische und Management-Kenntnisse vermittelt werden, oder Sozialrecht, das gezielt für den Einsatz in Unternehmen und Behörden des sozialen Bereichs ausbildet.
Um auf dem Arbeitsmarkt punkten zu können, sei es außerdem wichtig, bereits während des Studiums Praxiserfahrungen zu sammeln, weiß der Berufsberater. Juristische Einsatzgebiete gibt es zahlreiche: „Unsere ganze Gesellschaft ist von Recht durchzogen.“ Im Jahr 2022 waren laut statistischem Bundesamt insgesamt knapp 116.700 Studierende in einem rechtswissenschaftlichen Studiengang eingeschrieben. Die Absolvent*innen arbeiten beispielsweise in Rechtsabteilungen von Unternehmen oder auch im Personalmanagement, bei Nichtregierungsorganisationen, politischen Vereinigungen oder in der Verwaltung. Auch die Selbständigkeit als (Rechts-)Berater*in ist eine Option. Bei den meisten Tätigkeiten habe man mit Menschen zu tun: „Man sollte Freude an Kommunikation haben und die Fähigkeit, komplexe Sachverhalte Nicht-Jurist*innen zu vermitteln.“
„Jura ist nicht trocken“
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Wer Jura auf Staatsexamen studiert, sollte bedenken, dass dieses Studium sehr beliebt ist: „Mit Jura ist man nie allein – es ist ein Massenstudium. Dem kann man ein wenig entgehen, indem man sich eine kleine Fakultät sucht.“ Wer sich mit Rechtswissenschaften beschäftigt, benötige unbedingt sprachanalytisches und -logisches Denken, betont Uwe Linke-Ströbele: „Der Gesetzgeber hat in seinen Gesetzen Wertentscheidungen getroffen. Im Studium lernt man, wie man Gesetzestexte versteht und sie auf konkrete Sachverhalte anwendet.“ Dabei sei Fleiß und Selbstdisziplin gefragt, man müsse viel lesen und lernen. Grundsätzlich gilt: „Es gibt keine festen Formeln für juristische Entscheidungen. Man muss sein Wissen transformieren können auf neue Geschichten.“ Alle Fälle und Sachverhalte, mit denen man sich im Berufsleben beschäftige, seien einzigartig. Der Behauptung, dass Jurastudium sei trocken, widerspricht Uwe Linke-Ströbele, der selbst Volljurist ist, daher vehement: „Jura ist das pulsierende Leben.“
Weitere Informationen
BERUFENET
Das Onlinelexikon der Bundesagentur für Arbeit für Berufe mit über 3.000 ausführlichen Berufsbeschreibungen in Text und Bild. www.arbeitsagentur.de/berufenet
abi.de
Infoportal der Bundesagentur für Arbeit zur beruflichen Orientierung für Abiturient*innen und Studierende. www.abi.de
Das Filmportal der Bundesagentur für Arbeit www.berufe.tv
Deutscher Richterbund (DRB)
Der DRB ist ein Berufsverband für Richter*innen und Staatsanwälte/Staatsanwältinnen. Er ist Dachverband von insgesamt 25 Mitgliedsverbänden. Dazu gehören 16 Landesverbände und 5 Verbände an den obersten Bundesgerichten – Bundesgerichtshof und Generalbundesanwalt, Bundesarbeitsgericht, Bundesfinanzhof, Bundessozialgericht und Bundespatentgericht. www.drb.de
Der BRF ist die Interessenvertretung der Jurastudierenden in Deutschland. www.bundesfachschaft.de
Deutscher Juristinnenbund (djb)
Der djb ist ein Zusammenschluss von Juristinnen, Volks- und Betriebswirtinnen. Sein Ziel ist die Gleichberechtigung und Gleichstellung der Geschlechter in allen gesellschaftlichen Bereichen. www.djb.de
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