Studieren vor dem Studium

Ein Studienabbruch kostet nicht nur Zeit, sondern auch Nerven. Umso wichtiger ist es, sich frühzeitig mit der Studienwahl auseinanderzusetzen. Wer verschiedene Studienrichtungen praktisch erlebt, kann besser entscheiden, was wirklich passt – und vermeidet spätere Enttäuschungen.

Foto: Martin Rehm | Bundesagentur für Arbeit
Auf einer schräg liegenden Schreibtafel mit Holzrand steht in Großbuchstaben das Wort "Traumjob"

Tabitha Peitz (22) wusste nach dem Abitur nur eines: Ihr Studium sollte etwas mit Kunst zu tun haben und einen sozialen Fokus haben. „Aber direkt nach dem Abitur wusste ich nicht, welche Möglichkeiten es gibt“, erzählt die 22-Jährige. Bei ihrer Recherche stieß sie auf die Hochschule für Künste im Sozialen in Ottersberg, an der das Orientierungsstudium „einstieg +“ angeboten wird – für Tabitha genau das Richtige.

Bis zu zwei Semester lang können Studieninteressierte dort in verschiedene Fachrichtungen hineinschnuppern. Tabitha Peitz besuchte unter anderem die künstlerische Grundlehre, Seminare in Psychologie, Kunsttherapie und wissenschaftliches Arbeiten. Schon nach wenigen Monaten stand für sie fest: Das Studienfach Kunsttherapie und die Hochschule passen perfekt zu ihr. Sie schrieb sich regulär ein. Da sie bereits viel Mühe in das Orientierungsstudium gesteckt hatte, konnte sie direkt im zweiten Semester starten.

  • Ein Porträt-Foto von Tabitha P.

    Direkt nach dem Abitur wusste ich nicht, welche Möglichkeiten es gibt.

    Tabitha Peitz, Studierende im Studiengang Kunsttherapie
  • Ein Porträt-Foto von Janine L.

    Häufig entsprechen die Erwartungen an ein Studium nicht der Wirklichkeit.

    Janine Laube, Studien- und Berufsberaterin bei der Agentur für Arbeit in Brandenburg an der Havel

Orientierung vor dem Studium

Laut den aktuellsten Zahlen des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) brechen 28 Prozent der Studierenden ihr Bachelorstudium ab. „Das zeigt, wie wichtig eine Orientierung vor dem Studium ist. Denn häufig entsprechen die Erwartungen an ein Studium nicht der Wirklichkeit“, erklärt Janine Laube, Studien- und Berufsberaterin bei der Agentur für Arbeit in Brandenburg an der Havel. Ein passendes Studienfach lässt sich leichter wählen, wenn man schon einmal einen Blick in eine Hochschule geworfen hat.

Möglichkeiten dazu gibt es viele. „Zum ersten Mal Campus-Luft schnuppern kann man zum Beispiel an Tagen der offenen Tür, die viele Hochschulen und Universitäten anbieten“, berichtet die Studienberaterin. Bibliotheksbesuche und Probevorlesungen sind hier oft inklusive. Noch tiefer ins Studienleben eintauchen kann man beim Schnupperstudium, das je nach Anbieter mehrere Tage oder Wochen dauern kann. Hier stehen unterschiedliche Vorlesungen zur Auswahl.

Ein weiterer Weg: Als Gasthörer*innen können Schülerinnen und Schüler dauerhaft Vorlesungen besuchen, dürfen aber nicht an den Prüfungen teilnehmen – im Gegensatz zum ein- oder zweisemestrigen Orientierungsstudium, das Einblick in verschiedenen Studienfelder gibt, zum Beispiel in MINT-Fächer oder Geisteswissenschaften. „Hier können Teilnehmende bereits Credit Points sammeln, die auf das spätere Studium angerechnet werden“, erklärt Janine Laube.

Außerdem gibt es in manchen Studienrichtungen verpflichtende Vorkurse, etwa in Mathe oder Physik. Diese helfen nicht nur, Wissenslücken zu schließen, sondern geben auch letzte Entscheidungssicherheit vor dem Start.

Beispiele aus der Praxis: Studieren vor dem Studium

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Chancen nutzen – Studienabbrüche vermeiden

Ganz gleich, für welchen Weg man sich entscheidet: Eine Orientierung vor dem Studium lohnt sich. „Zum einen kann man dadurch herausfinden, ob ein Studium und wissenschaftliches Arbeiten überhaupt das Passende ist oder eine Ausbildung nicht vielleicht die bessere Wahl wäre“, erklärt Janine Laube. Außerdem lassen sich Studieninhalte und mögliche Berufswege realistisch einschätzen – und die Zeit zwischen Abitur und Studienbeginn sinnvoll überbrücken.

Das Wichtigste aus Sicht der Beraterin: „Wer seine eigenen Stärken reflektiert und fundiert wählt, trifft eine bewusste Entscheidung und verringert das Risiko eines Studienabbruchs erheblich.“

Stand: 09.07.2025